Kreativität für “Nicht-Kreative”

April, 2022


Solange ich mich erinnern kann, hat die Gesellschaft die Menschen immer in zwei verschiedene kleine Boxen gesteckt - “kreative Menschen” und “nicht-kreative Menschen”. Es wird Zeit dieses langweilige binäre Konstrukt aufzubrechen. 

Kreativität ist kein Label oder eine Marke, mit dem sich ausschließlich eine bestimmte Gruppe von Menschen schmücken kann. Sie ist etwas, das in jedem von uns steckt. Kreativität ist in unserem Gehirn verankert und sie ist ein grundlegender Schlüssel zu Problemlösungsfähigkeiten und dynamischem kritischem Denken. Kreative Arbeit ist nicht etwas, das nur von denen gemacht werden kann, die “damit geboren” sind. Kreativ sein kann jede*r, die/der bereit ist, ein wenig mehr in sich selbst, in Übung und in einen offenen Geist zu investieren.

Aber wie jede andere Fähigkeit oder jedes Talent, das man haben kann, rostet Kreativität ein, wenn sie nicht mit einer gewissen Beständigkeit benutzt oder ausgeübt wird. Nehmen wir an, Du bist in den letzten 15-20 oder sogar mehr Jahren Deines Lebens, nicht mehr Fahrrad gefahren. Du hast diese Fähigkeit als Kind erlernt und verfügst noch über ein gewisses Muskelgedächtnis, um sie in den Griff zu bekommen, aber Du fühlst Dich unsicher und hast kein Gleichgewicht. Vielleicht fällst Du sogar um! Aber Du stehst auf und versuchst es erneut, bis - Heureka! Zu Deinen kreativen Wurzeln zurückzukehren ist so ähnlich, wie zum zweiten Mal Fahrradfahren zu lernen. Du hast es immer noch darauf, und es braucht lediglich drei Dinge, um wieder in Gang zu kommen: Interesse haben, Referenzen haben und eine Technik üben.

Lass’ Neugierde die Kontrolle übernehmen

Nein, die Neugierde hat die Katze nicht getötet. Wenn überhaupt, machte Neugier sie scharfsinnig, brillant in ihren Erkundungsformen und kreativ darin, wie sie die Welt von verschiedenen Orten aus betrachtet. Es wird Zeit, wie eine Katze zu sein. Ändere Deine Routine, tanze ein wenig aus der Reihe und verbanne “Nein” aus Deinem Wortschatz. Indem Du kleine Risiken eingehst, fängst Du an, neuen Wissensdurst zu entwickeln oder ein Interesse an etwas wiederzuerwecken, das Du vorher vielleicht übersehen hast. 

Indem Du Dich für etwas interessierst, machst Du den ersten großen Schritt zur Freisetzung Deiner kreativen Seite. Du konzentrierst Dich auf ein zu lösendes oder zu verbesserndes Problem und bist entschlossen, dieses zu lösen oder verbessern. Ein Beginn kann sein, ein Notizbuch mit Dir zu tragen, während Du über das zu lösende Problem nachdenkst. Kritzele während Besprechungen, skizziere eine Idee in Deiner Pause, notiere Dir Ideen, die Dir zwischendurch einfallen oder nehme Deine interessanten Gedanken mit Deinem Handy auf. Interessante und kreative Ideen beginnen zu fließen, sobald Du ein Problem zu lösen hast und Deinen Gedanken freien Lauf lässt. 

Lass’ Dich inspirieren

Um inspiriert zu werden, musst Du nach Referenzen suchen. Man schnippt nicht einfach mit den Fingern und - bumm! Pronto, ist man inspiriert. So funktioniert Inspiration nicht. Inspiration kann nur gefunden werden, wenn man sie sucht. Probiere etwas Neues aus. Gehe in das Museum, auf das Du schon immer neugierig warst, schaue Dir den Kunstraum an,  an dem Du letzte Woche in der Stadt vorbeigelaufen bist, nehme ein Buch über eine*n Kreative*n in die Hand, die/der schon immer Dein Interesse geweckt hat, oder spreche sogar mit jemandem, die/den Du als erfolgreiche*n Kreative*n bewunderst. Generell sind Menschen gerne bereit, neugierige Fragen über sich selbst, ihren kreativen Prozess oder ihre eigenen Inspirationen zu beantworten.

Referenzen sind Quellen, die Verbindungen und Assoziationen herstellen und es Dir ermöglichen, Dinge auf eine neue oder originelle Weise zu sehen. Finde etwas oder jemanden, der Dich inspiriert, und handel dann nach der ersten Idee, die Dir in den Sinn kommt. Du wirst überrascht sein, welche Inspirationen vor Deinem geistigen Auge auftauchen - lasse Deine Ideen fliegen!

Übung macht die/den Meister*in

Irgendwann haben wir die Phrase “Übung macht die/den Meister*in” gehört und beschlossen, sie weit weg auf den Stapel der Klischee-Zitate zu werfen. Aber dieser Satz ist wahrer als wahr! Übung bringt Dich der Perfektion so nahe wie nur irgend möglich. Mache ein Brainstorming über Ideen, die Du ausführen kannst, und stelle sie visuell oder expressiv dar.

Mache es  Dir zur Gewohnheit, eine neu entdeckte kreative Technik zu üben, die für Dich einzigartig ist - sei es audio, visuell, schriftlich oder sogar anhand einer neuen Methode der kreativen Organisation. Was auch immer Du üben willst, nach und nach wird Dein neues kreatives Ventil eine Grundlage bilden, um schließlich Deinen eigenen einzigartigen Stil zu festigen. Schaffe etwas Platz in Deinem täglichen Kalender, um eine Zeit einzuplanen, in der Du Deine Kreativität erforschen kannst und Dich darauf vorbereitest, sie umzusetzen.

In der gesamten Menschheitsgeschichte, auch in der Neuzeit, gibt es viele fantastische Beispiele von “gewöhnlichen” Menschen, die einen Traum hatten und - nach den Normen ihrer Zeit - als “talentfrei” geboren wurden. Doch durch Beharrlichkeit, Hingabe und stetige Ethik konsequenter Übung erreichten sie ein Ziel, lösten ein Problem, erfanden etwas Neues, schufen ein Meisterwerk – oder wurden berühmt.

Denke an Leonardo da Vinci oder Elon Musk: Beide sind perfekte Beispiele für erfolgreiche analytisch-trifft-auf-kreative Profile, die beide Eigenschaften zugunsten ihrer Karriere nutzen konnten, um weltweit erfolgreich zu sein. 

Kein Druck, eine Ikone, Berühmtheit oder ein bekannter Name zu werden. Lasse Dich einfach von der harten Arbeit anderer inspirieren, Dein eigenes Ding zu machen. Das können auch einfache kreative Aufgaben sein, z.B. kleinere Ideen, die unser Leben verbessern und bereichern. Zum Beispiel ein Video-Editor, der neue Techniken übt, um sein Showreel zu verbessern, um es auf eine neue und aufregende Weise zu präsentieren. Oder auch eine Geschäftsfrau, die nicht als “kreativer Typ” gilt, aber bei der nächsten Präsentation mit einer fesselnden Excel- oder PowerPoint-Präsentation glänzen möchte, an die sich die Leute erinnern werden! Du musst Deine Fähigkeiten in dieser Software oder diesem Programm schärfen, um einen innovativen Vorsprung zu haben. Das Wichtigste, dass Du machen kannst, ist das Üben einer kreativen Fähigkeit, die sowohl einzigartig für Dich, als auch vorteilhaft für den Aufbau Deiner Karriere ist.

Kein “Genie in the Bottle”

Durch schiere Willenskraft und eine “can-do”-Einstellung kannst Du Kreativität als göttliches Werkzeug einsetzen, um im Leben voranzukommen. Kreativ oder analytisch zu sein, schließt sich in keinster Weise aus. Sie unterstützen sich gegenseitig - und existieren beide in Deinem Geist. Es ist daher absolut unlogisch, auf den Einsatz eines Aspekts des eigenen Gehirns zu verzichten, nur weil jemand festgestellt hat oder davon ausgehen, dass Du eher analytisch veranlagt bist und wenig bis keine Kreativität besitzt.

Analytisch zu sein ist eine unabdingbare Fähigkeit für viele alltägliche Dinge, die wir im Leben tun. Aber wenn wir kreativ sind, können wir unsere Analysen effektiver kommunizieren und so ausdrücken, dass sie jeder verstehen kann. Es braucht nur etwas harte Arbeit und Mühe, um sie miteinander in Einklang zu bringen. 

Um ehrlich zu sein, gibt es keine wirklichen “versteckten Geheimnisse” oder mysteriöse neuronale Pfade, um die Kreativität in Deinem Gehirn freizusetzen. Sie war schon immer da und Du wurdest mit ihr geboren. Du musst Dich nur wieder mit dieser entfernten natürlichen Fähigkeit vertraut machen, die wir alle haben - Kreativität.

Kreativität ist ein Juwel, das wir alle haben – wie ein Flaschengeist - aber es gibt keine Flasche, und Dein Gehirn ist der Genie. Und durch Neugier, Inspiration und Übung wirst Du in kürzester Zeit Verbindungen herstellen, Rätsel lösen und Deine Kreativität wiederfinden.